Die Häufigkeit von postoperativer Übelkeit bis hin zu Erbrechen (Fachbegriff: PONV, postoperative nausea and vomiting) liegt bei einerAllgemeinanästhesie bei 20 bis 30%. Vielfach wird die Verträglichkeit einer Narkose im Vorfeld mit dem sogenannten Apfel-Score (nach Christian Apfel) abgeschätzt. Dieser berücksichtigt die folgenden Faktoren:
- Geschlecht (Frauen sind deutlich häufiger von postoperativer Übelkeit betroffen),
- Raucher-Status (Raucher weisen seltener PONV auf),
- Neigung zu Reiseübelkeit (erhöht PONV-Risiko),
- die bisherige Narkoseverträglichkeit sowie
- die voraussichtliche Gabe von Opioid-Schmerzmitteln nach dem Eingriff (erhöht PONV-Risiko).
Hat der Patient bereits Erfahrungen mit Narkose-Nachwirkungen oder Reisekrankheit bzw. bestehen große Ängste vor dem Eingriff sollte dies unbedingt im Anästhesie-Vorgespräch angegeben werden.
Um das Risiko postoperativer Übelkeit zu reduzieren, werden gerade bei Risiko-Patienten oft vorbeugende Maßnahmen ergriffen. Dennoch kann es sein, dass Patienten, die nach der Apfel-Score-Methode nicht auffällig sind, nach einer OP von Übelkeit und Erbrechen geplagt sind.
Gen-Variante unabhängig vom Apfel-Score
Ein Wissenschaftlerteam der Universität Duisburg-Essen hat kürzlich herausgefunden, dass neben den im Apfel-Score erfassten Einflüssen auch eine Genvariante für die Übelkeit mitverantwortlich sein kann. Dazu untersuchten die Forscher 454 Patienten und fanden beim Auftreten von postoperativer Übelkeit häufig das Vorliegen einer Genvariante im Acetylcholin-Rezeptor M3.
Der gefundene Gen-Faktor ist unabhängig vom Apfel-Score und könnte nach Einschätzung des Forscherteams per Gentest bestimmt werden. Da ein generelles präoperatives genetisches Screening aber zu aufwändig wäre, empfehlen die Wissenschaftler, auch die Patienten mit vorbeugenden Maßnahmen zu schützen, die nach dem Apfel-Score nur ein vermeintlich niedriges Risiko haben.
Die Möglichkeiten der prophylaktischen Gabe von Medikamenten gegen Übelkeit und Erbrechen (Antiemetika) sowie die Wahl des geeigneten Anästhesieverfahrens werden in dem Anästhesie-Vorgespräch besprochen. Akupressur und eine kurze Nüchternheit bei klaren Flüssigkeiten (bis 2h vor der Anästhesie sind Wasser, Tee etc. erlaubt) können das PONV-Risiko ebenfalls senken.
Quelle: idw-online.de, äin-red
Studie im British Journal of Anaesthesia
https://bjanaesthesia.org/article/S0007-0912(18)30141-7/fulltext
März 2019