Nürnberg. Mit rund 30.000 Ärztinnen und Ärzten im Hintergrund haben die beiden großen deutschen Anästhesisten-Organisationen einen eindringlichen Appell an Bundesgesundheitsminister Spahn und seine Länderkollegen gerichtet, wirksamere Schritte zur Eindämmung der Corona-Pandemie einzuleiten: Es gehe inzwischen nicht mehr allein um Engpässe bei der Versorgung der Covid-19-Patient*innen in den Kliniken. Mit größter Sorge betrachte man jetzt auch die aktuellen und mittelfristigen Auswirkungen für die Gesamtbevölkerung, zum Beispiel für Patient*innen mit Herzinfarkt, schweren Verletzungen in Folge von Unfällen oder Krebserkrankungen die nicht mehr ausreichend versorgt werden könnten, schreiben der „Berufsverband Deutscher Anästhesisten“ (BDA) und die „Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin“ (DGAI) in einem offenen Brief an die Gesundheitsminister. In vielen Städten und Kreisen seien die Akutversorgung der Bevölkerung mittlerweile gefährdet und die Erfüllung des Versorgungsauftrags bei den Nicht-Covid-19-Patient*innen nicht mehr gewährleistet.
Wegen ihrer verschiedenen Aufgaben in den Krankenhäusern haben die Anästhesisten einen genauen Überblick über die Lage. Sie führen nicht nur Narkosen durch, sondern versorgen auf den Intensivstationen auch Patient*innen mit schweren Erkrankungen, nach Unfällen oder größeren Operationen. Außerdem sind ein Großteil der Notärzt*innen, die mit Notarztwagen oder Rettungshubschraubern unterwegs sind, eigentlich Anästhesist*innen.
Booster-Impfungen für alle und examinierte Pflegekräfte in Beruf zurückholen
In ihrem Brief an Minister Spahn und seine Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern fordern die Anästhesist*innen unter anderem eine 2G-Regelung verbindlich für alle Bereiche des öffentlichen Lebens, besonders auch bei Großveranstaltungen. Kontaktbeschränkungen sollen strikt eingehalten werden. Außerdem setzen sich die beiden Organisationen der Anästhesisten für Booster-Impfungen für alle ein, ebenso wie für einfachere Regeln beim Impfen.
Die Anästhesisten-Vertreter wiederholen in den Schreiben auch ihre Forderung nach einer effektiveren Unterstützung der Intensivmedizin, die in der Corona-Pandemie nach wie vor überlastet wird: Examinierte Schwestern und Pfleger müssten in den Beruf zurückgeholt und die Ausbildung für Neubewerber attraktiver gestaltet werden. Pflegekräfte, Ärztinnen und Ärzte, die auf den Intensivstationen noch zur Verfügung stünden, steuerten sehenden Auges auf eine massive Überlastungssituation zu, die das Problem der Personalnot noch erheblich verschärfen werde, so die Anästhesie-Verbände. Sie sagen voraus, dass sich Abwanderung und Krankenstand weiter erhöhen und sich die Zahl der betreibbaren Intensivbetten weiter reduzieren werde.
Derzeit werden auf den Intensivstationen mehr als 3,200 Patienten mit Corona-Infektion betreut, täglich kämen rund 100 weitere hinzu, rund 80 Prozent davon ungeimpft.
Pressemeldung des Berufsverbandes Dt. Anästhesisten (BDA) und der Dt. Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI)
November 2021